Wissen2020-09-07T18:42:40+02:00
Beten oder Betteln

Eine Ausführung zum Thema Beten

 

        Devo jaanaati yaddeyam

         Tanmaa yaachasva kinchana

         Varam labdhvaa tu tandraavaan

         Ushtrah praanair-vimochitah

 

(Bedeutung: Der allmächtige Gott weiss was du brauchst. Darum, bettle nicht um irgendetwas. Das faule Kamel verlor sein Leben, obwohl es ein grosses Geschenk erhalten hatte.)

 

Vor langer Zeit lebte einmal ein König, der bekannt war für seine Hingabe an Gott. Er war sehr pünktlich im einhalten seiner Gebetszeiten.

 

Eines Tages ging er in den Wald, um zu jagen. Die Jagd dauerte den ganzen Tag und es kam die Zeit des Sonnenuntergangs. Es ist Zeit zu beten, erinnerte er sich. Er befahl seinen Begleitern, etwas abseits eine Absperrkette zu bilden, damit er seine Gebete in Ruhe verrichten konnte. Er wählte einen gewissen Ort aus und setzte sich, um zu beten. Er legte sein offenes Schwert neben sich. Er begann sein Abendgebet.

"Oh allmächtiger Gott! Du bist allmächtig, allgegenwärtig und voller Erbarmen. Bitte beschütze mich, bitte beschütze meine Familie. Bitte zerstöre meine Feinde. Bitte segne mich, dass ich mein Königreich vergrössern kann."

Mit geschlossenen Augen wiederholte er wieder und wieder das gleiche Gebet. Plötzlich kam ein Kaninchen gerannt. Das Kaninchen hatte irgendwie die Absperrkette durchbrochen. Es setzte sich neben den König und kratzte an seinem Fuss.

Die Konzentration des Königs wurde gestört. Aergerlich öffnete er seine Augen und sah das kleine Kaninchen. Er wurde wütend.

Unwillkürlich nahm er das Schwert und warf es gegen das Kaninchen. Das kleine Kaninchen entkam und sprang auf des Königs Schoss. Das Schwert blieb in einiger Entfernung im Boden stecken. Das Kaninchen sprang von des Königs Schoss auf den Griff des Schwerts und setzte sich majestätisch darauf. Es konnte nicht aufhören, darüber zu kichern, was gerade geschehen war. Der König brannte vor Wut. Das Kaninchen hörte schliesslich auf zu kichern und begann, mit menschlicher Stimme zu sprechen.

 

Kaninchen: König! Ich hatte gedacht, dass du sehr tapfer seiest. Du konntest nicht einmal ein Kaninchen töten!

König: Er fühlte sich beleidigt, war wütend und blieb stumm.

Kaninchen: Es ist OK, wenn du nicht tapfer bist, aber hättest du nicht wenigstens mitleidsvoll sein sollen? Musstest du eine derart grosse Waffe nach einem kleinen Kaninchen werfen?

König: Wir gebrauchen auch einen dicken Knüppel, um eine kleine Schlange zu töten. Es ist unsere Gewohnheit.

Kaninchen: Ah! Ich verstehe jetzt. Ein dicker Knüppel für eine kleine Schlange, ein grosses Schwert für ein Kaninchen. Wie mitleidsvoll! Schliesslich bist du ein grosser Verehrer dieses mitleidsvollen Gottes!

König: Sei still! Wage nicht, so leichtfertig über Gott zu sprechen! Er ist das Mitgefühl in Person.

Kaninchen: Mitgefühl? mit wem?

König: Mit dir, mit mir, mit jedermann!

Kaninchen: Es ist offensichtlich, wie mitfühlend Er mit mir war. Sei es, wie es möge, hat Er auch mit dir Mitgefühl?

König: Warum nur mit mir, Er hat mit jedes Wesen in dieser Schöpfung Mitgefühl.

Kaninchen: Selbst mit deinen Feinden?

König: Ja.

Kaninchen: Ich habe nur gefragt, weil du soeben zu Ihm gebetet hast, er möge deine Feinde zerstören.

König: So sind die Gebete traditionellerweise.

Kaninchen: Ist es Beten oder Betteln?

König: Natürlich ist es Beten. Merk dir, es gibt keine Religion, welche nicht solche Gebete kennt.

Kaninchen: Hmmm. Ihr die Herrscher von Königreichen braucht Religion. Wir aber sind schliesslich unbedeutende kleine Geschöpfe. Wir brauchen sie nicht.

König: Was sonst braucht ihr?

Kaninchen: Wir brauchen einen Lebensplan, der mit der Natur harmonisch ist. Ein System, das uns erlaubt, zu überleben und das andere überleben lässt. Es ist alles, was wir brauchen.

König: wer kann euch in ein solches System einführen?

Kaninchen: Er, der diese Schöpfung gemacht hat, wird uns dieses System lehren, er wird uns in dieses System einführen.

König: Wir nennen Ihn Gott.

Kaninchen: Er, auf den du dich als Gott beziehst, ist der Totschläger von Feinden. Der Schöpfer, den wir kennen, tötet kein Wesen um eines anderen willen.

König: Du meinst, dass es so etwas wie Tod in der Schöpfung deines Gottes nicht gibt?

Kaninchen: Es kann keine Entwicklung geben ohne Tod.

König: Unsinn! Der Tod ist etwas, das das Leben verbrennt. Welche Entwicklung kann der Tod mit sich bringen?

Kaninchen: Ein Baum, der im Herbst kahl und langweilig aussieht, wird im Frühling schön aussehen mit zarten grünen Blättern. Ein Wesen, das dem Tod in einem bestimmten physischen Körper begegnet, wird einen anderen Körper bekommen, oft einen besseren als den vorherigen. Das ist die unfehlbare Formel in der Schöpfung.

König: Diese Formeln, diese Gesetze, in welcher Sprache sind sie geschrieben worden?

Kaninchen: In Gottes eigener Sprache.

König: Möglicherweise ist es dann eine Dschungelsprache.

Kaninchen: Nein! Es ist die Sprache der Veden! Es ist eine Sprache, die dir verständlich wird, sofern du deine nach aussen gerichteten Indriyas zurückziehen und nach innen schauen kannst. Wenn du das tun kannst, kannst du die süsse Frucht schmecken, die Stimme Gottes.

König: All diese poetischen Aussprüche schauen auf dem Papier sehr gut aus. Es fühlt sich gut an, wenn jemand so spricht. Wenn jemand seinen Mut zusammennimmt und tatsächlich behauptet, dass er erfahren habe, was du gerade gesagt hast, dann gibt es keinen Beweis des Gegenteils. Das heisst, dass  ihm niemand beweisen kann, dass er falsch sei! So grossartig ist deine Logik! Aber die Wirklichkeit ist anders. Die Frucht, die du gerade erwähnt hast, hat kein Baum in dieser Schöpfung je hervorgebracht. Es ist eine nicht existierende magische Frucht, welche seit Urzeiten von einigen wenigen klugen Menschen verkauft wurde. Das ist alles.

Kaninchen: OK, vergiss es. Es kann sein, dass mich dieses Mal dein Gott um deinetwillen tötet.

König: Denke nicht, dass mein Gott so gnadenlos ist.

Kaninchen: Aber du hast deinen Gott angebettelt, er möge deine Feinde zerstören!

König: Ich korrigiere! Ich habe gebetet!

Kaninchen: du streckst deine Hände vor Ihm aus, du verlangst nach Almosen, aber du willst nicht, dass man es betteln nennt? Wirklich sehr seltsam.

König: Um eine Gnade beten ist nicht das gleiche wie betteln.

Kaninchen: Jemanden für dich zu töten - kannst du das Mitleid nennen?

König: Wenn es passiert, dann sollte es als die Belohnung für die Hingabe verstanden werden.

Kaninchen: Glaubst du, dass dein Feind keine solche Hingabe habe?

König: Die Gebete desjenigen, der die stärkere Hingabe hat, werden Früchte tragen.

Kaninchen: Wenn das so ist, bist du ständiger Gefahr ausgesetzt, mein Freund! Du weißt nie, wann dein Gott seine Meinung ändert.

König: Warum sollte Er Seine Meinung ändern?

Kaninchen: Stell dir für einen Moment vor, dass Gott sagt, die Hingabe deines Feindes sei stärker als die deine. Was willst du dann tun? Wie kannst du sagen, ob Gott die Wahrheit sagt oder nicht?

König: Gott ist unparteiisch. Er wird nicht lügen. Er neigt sich einfach dorthin, wo mehr Hingabe ist.

Kaninchen: Was wird Er mit deiner Hingabe machen?

König: Welch absurde Frage!

Kaninchen: Welche Folge hat deine Hingabe für Ihn? Wäre Er ohne deine Hingabe mangelhaft geworden? Welche Lücke in Ihm füllst du mit deiner Hingabe auf?

König: Er hat keine Lücke. Er ist in jeder Hinsicht vollkommen, immer. Sich aus Hingabe niederzubeugen ist Sein Leela (Spiel).

Kaninchen: Leela heisst Spiel, richtig?

König: Ja.

Kaninchen: Wie kann etwas, das immer da ist, ein Spiel sein? Wie kann es die ganze Zeit über ein Spiel sein?

König: Er neigt sich einfach der Hingabe. Es ist Seine wahre Natur.

Kaninchen: Wenn das so ist, muss es für Ihn einen Vorteil sein, so zu sein. Wenn Er von irgendjemandem einen Vorteil bekommt, bedeutet das, dass Er nicht vollkommen ist.

König: Du versuchst, mich festzunageln, indem du mich verwirrst. Gibt es dir gemäss so etwas wie Hingabe nicht?

Kaninchen: Es kann kein Leben ohne Bhakti (Hingabe) geben. Aber es hat keinen Platz fürs Betteln in unserer Hingabe.

König: Wenn es so etwas nicht gibt, wie Ihn um etwas zu bitten, mit dem Er uns dann segnet, wozu brauchen wir dann einen Gott?

Kaninchen: Unser Gott ist vollkommen mit allen erhabenen Qualitäten. Alles, was wir versuchen, ist über diese erhabenen Qualitäten nachzudenken. Eine solche Meditation allein ist Bhakti.

König: Wozu dient eine ausschliessliche Meditation?

Kaninchen: Was wir denken, werden wir. Indem wir über den allmächtigen Gott meditieren, sickern Seine vorzüglichen Qualitäten schrittweise in uns hinein. Wir werden dann fähig sein, Seine Vollkommenheit zu erfahren. Wenn wir dauernd einer solchen Erfahrung ausgesetzt sind, beginnen sich die Wünsche in uns von selbst zurückzuziehen. Schliesslich erlangen wir Vollkommenheit als Folge des Verzichts unserer Wünsche.

König: All das ist in deinen Veden erwähnt?

Kaninchen: Du kannst sie finden, wenn du tief genug schaust.

König: Jetzt sag mir ehrlich. Hat es in deinen Veden keine Mantras wie "gib mir zu Essen", "gib mir Schutz", "zerstöre meine Feinde" und so weiter?

Kaninchen: Ich wusste, dass du so fragen würdest. Darum habe ich gesagt "wenn du tief genug schaust".

König: was bedeutet es "wenn du tief genug schaust"?

Kaninchen: Die Vedas haben zwei Hauptteile. Der erste Teil enthält Gebete, wie die von dir gerade genannten. Aber du musst bedenken, dass all diese Gebete symbolisch sind. Die Beschreibung dieser symbolischen Passagen kann in dem späteren Teil der Veden, den Upanishaden, gefunden werden. Nur wenn du die Passagen mit ihrer inneren Bedeutung, die woanders erwähnt ist, verknüpfst, wirst du in der Lage sein, das vedische Konzept richtig zu verstehen. Das bedeutet: "wenn du tief genug schaust".

König: Statt die Passagen zu verstehen, wie sie sind, warum sollte jemand versuchen, sie mit etwas zu verknüpfen, das woanders erwähnt ist? Warum diese unnötige Übung?

Kaninchen: wenn die Bedeutung, zu der du gelangst, durch gesunde Logik gestützt ist und deshalb tadellos, wirst du keine andere Übung machen müssen.

König: Welchen Fehler hast du in meinem Gebet gesehen? Er ist allwissend, ich bin unwissend; Er ist allmächtig, ich bin es nicht; Seine Kräfte sind unbegrenzt, die meinen sind begrenzt; Sein Mitleid ist grenzenlos, mein Wunsch ist dürftig. Da dies die Wahrheit in der Sache ist, was ist falsch, wenn ich von Ihm Geschenke erbitte?

Kaninchen: Sehr gut. Sag mir, sollte eine unwissende Person Überintellegenz vor dem Allmächtigen zeigen? Wenn Er alles weiss, was bleibt dir zu fragen übrig?

König: Selbst eine Mutter füttert das Kind nicht, ausser es fragt danach. Wenn ich Gott um etwas bitte, warum solltest du denken, es sei Überintellegenz?

Kaninchen: Als du gerade geboren warst, hast du schon gewusst, dass du die Milch der Mutter brauchst, um zu überleben? Hast du eine formelle Anforderung gestellt? Nein! Hat dir das Gott nicht einfach gegeben? Als du noch ein Kleinkind warst, hat dich Gott nicht vor schweren Unfällen geschützt, als du gespielt hast? Tat Er all das erst, nachdem du ein formales Gebet gesprochen hast? Wer hat Intelligenz in dein Gehirn gefüllt, Stärke in deinen Körper und Wohlhabenheit in dein Heim? Hast du zuerst eine Liste all der Dinge gemacht, die du brauchst, hast sie vor Gott hingelegt, und sind deine Wünsche erst dann erfüllt worden? Er gab sie dir, unabhängig davon ob du gebetet hast (oder nicht gebetet hast). Er hat nicht geprüft, ob du intelligent warst oder dumm. Es hat Ihm überhaupt nichts ausgemacht. Er tat, was Er tat, aus reinem Mitleid. Wie kannst du zu jemandem gehen, der dir schon so viele Dinge gegeben hat und sagen: ?Mein lieber Gott, du hast vergessen, mir dies zu geben, du hast vergessen, mir das zu geben"? Und du erwartest, dass andere denken, du seiest ein Mann von Bescheidenheit?

König: Da hast du einen Punkt.

Kaninchen: Dein Kind war einmal sehr krank. Es hatte Fieber. Es hatte Brechanfälle. Es weigerte sich, die Fieber-Diät zu nehmen und bestand darauf, dass es scharfe Pickles essen wolle. Hast du sie ihm damals gegeben?

König: Schliesslich war es ein Kind. Es war unwissend.

Kaninchen: Oh ja? Meinst du, eine weise Person brauche sich nicht darum zu kümmern, auf einen Unwissenden zu hören? Aber du bestehst darauf, dass der allwissende Gott auf deine Bitte hören solle! Wie folgerichtig!

König: Du versuchst wieder, mich mit deinem Jargon festzunageln.

Kaninchen: Wenn du denkst, ich würde versuchen, dich in eine Ecke zu drängen, bedeutet das, dass du dich tief in deinem Herzen nicht wirklich als unwissend betrachtest. Höre! Die Weisen haben eine wundervolle Strophe gerade für einen Kerl wie dich geschrieben:

 

                  Devo jaanaati yaddeyam

                   Tanmaa yaachasva kinchana

                   Varam labdhvaa tu tandraavaan

                   Ushtrah praanari-vimochitah

 

(Bedeutung: Der allmächtige Gott weiss, was du brauchst. Darum bettle nicht um irgendetwas. Das faule Kamel verlor sein Leben, obwohl es ein grosses Geschenk erhalten hatte.)

 

König: Ich verstehe den ersten Teil. Was hat es mit dem Kamel auf sich? Ich sehe den Zusammenhang nicht.

Kaninchen: Dieses Kamel war auch unwissend, genau wie du. Am Anfang hatte es einen kurzen Hals, und es war Vegetarier. Es hatte immer einen Zweifel: Ich bin Vegetarier, ich führe ein so reines Leben und frage mich, ob der Allmächtige meine Hingabe überhaupt versteht"! Das Kamel legte seine Unzufriedenheit zur Seite und betete jeden Tag zu Gott, genau wie du. Eines Tages erschien Gott vor dem Kamel und fragte: "Liebes Kamel, warum rufst du mich so oft"? Das Kamel mit dem kurzen Hals war überglücklich und sagte:

Kamel: Gott! Wenn ich meine Morgengebete vollendet habe und beginne, im Wald nach Nahrung zu suchen, haben meine kleineren Freunde wie Rehe, Antilopen, Hirsche und weitere die tief hängenden Blätter und Zweige abgefressen. Es bleibt nicht viel für mich übrig. Aber ich sehe frische, grüne und geschmackvolle zarte Blätter, welche so verlockend an den höheren Zweigen hängen, die ich nicht erreichen kann. Ich will nicht früher anfangen und meine Mitwesen um ihre Nahrung bringen. Wenn du meinen Hals länger machen kannst, werde ich irgendwie überleben, indem ich von den höheren Zweigen esse. Ich werde die tieferen Zweige meinen Freunden überlassen. Bitte erfülle mir diesen Wunsch.

Gott: Mein liebes Kamel, du sagst, du sorgest dich um deine Mitwesen. Warum sorgst du dich nicht ähnlich um die Bäume? Arme Bäume! Denkst du, sie haben kein Leben? Wenn du die Blätter oben wegfrisst, und deine Freunde die unteren Blätter nehmen, wie kann der Baum dann überleben? Ist dir dieser Gedanke nicht durch den Kopf gegangen?

Kamel: O Gott! Deine Schöpfung ist wirklich bemerkenswert. Du hast die Möglichkeit eines natürlichen Neu-Wachstums und Verjüngung nur den Pflanzen gegeben. Du hast keine solche Fähigkeit einem von uns gegeben. Sei es wie es möge. Ich werde darauf achten, dein Geschenk nicht zu missbrauchen. Ich werde nicht übermässig schwelgen.

Gott: Ich habe deinen Körper nach sorgfältigem Nachdenken geschaffen, wie viel du essen sollst, wie lange dein Hals sein soll und so weiter. Du bist nur in diesem Körper sicher. Wenn ich deinen Hals verlängere, kannst du in Schwierigkeiten geraten. Im weiteren bist du von Natur aus faul. Faulheit ist eine Erscheinung von Tamas (Trägheit). Und Tamas ist immer gefährlich. Denk noch einmal nach.

Kamel: Allmächtiger Gott! Alle kommen zu dir, weil sie etwas brauchen, das sie nicht haben. Wenn Gebete keine Früchte tragen, was wird dann mit dieser Welt passieren? Wer wird sich um unsere Bedürfnisse kümmern? Auch, wenn mein Wunsch nicht in Erfüllung geht, wird das ein dunkler Fleck für dich sein.

Gott: So sei es, wie du willst. Ich werde deinen Hals um einiges verlängern. Aber sei vorsichtig!

Kamel: Muss ich so oft daran erinnert werden?

Kaninchen: Das Kamel zeigte Überklugheit vor Gott. Gott seinerseits warnte das Kamel angemessen, verlängerte seinen Hals und verschwand. Die Freude des Kamels kannte keine Grenzen. Es begann, die oberen Blätter, links, rechts und in der Mitte, gierig zu verschlingen. Nachdem es genug und noch mehr gefressen hatte, kehrte das Kamel zu einer Höhle zurück, in der es zu ruhen pflegte. Aber jetzt war die Höhle nicht gross genug für das Kamel. Das Kamel drängte seinen Körper in die Höhle, während sein langer Hals herausschaute. Als es die sehr benötigte Nachmittags-Siesta genoss, kam ihm ein unangenehmer Gedanke: "Mein Hals ist so lang, dass ich ihn nicht in der Höhle versteckt halten kann. Was, wenn ein Tiger ihn sieht"? Allein schon der Gedanke an den Tiger hatte zur Folge, dass es sich ungemütlich fühlte. Aber es beruhigte sich selbst: "Was soll's, wenn ein Tiger ihn sieht? Dieser lange Hals ist ein Geschenk Gottes an mich. Ich werde nicht zögern, ihn zu meiner Verteidigung zu gebrauchen. Wenn ich meinen Hals schnell und hart schwinge, wird selbst ein Tiger erschrocken sein".

Indem es sich so beruhigte, schaute es umher und versicherte sich, dass keine solche Gefahr da war. Dann schloss es die Augen und glitt in ein Schläfchen. Nach einer Weile passierte etwas und es wurde geweckt. Noch bevor es realisierte, was vor sich ging, hatte ein Löwe die Hälfte seines Halses aufgefressen. Das Kamel hatte grosse Schmerzen und Angst. "Oh Gott! Ich will diesen langen Hals nicht. Bitte gib mir den kurzen Hals zurück", wollte das Kamel schreien. Aber oh weh! Gerade als es diese Worte hervorstossen wollte, starb es.

König: Ich weiss, auf was du hinauswillst. Denkst du, dass alle Gebete solch schreckliche Folgen haben wie dieses?

Kaninchen: Ich weiss nicht. Es ist nur, wenn ein gewisses Gefühl ?dass das, was uns Gott gegeben hat, nicht genug sei, und dass Er uns hätte mehr geben sollen, in den Sinn kommt, dass die Tendenz , flehentlich zu bitten, auftaucht. Betteln ist nicht Beten. Wahres Beten gipfelt darin, dass göttliche Qualitäten in uns einsickern und dass Fülle über uns ausgegossen wird als eine natürliche Folge. Auf der anderen Seite, tendiert Betteln dazu, unsere Laster aufzublasen und schlussendlich werden wir vollständig der Göttlichkeit beraubt. Beide Möglichkeiten stehen dir offen. Wähle, was du willst.

König: Liebes Kaninchen! Du musst ein Weiser sein in der Verkleidung eines Kaninchens. Lass mich meine eigene Erfahrung mit dir teilen. Hunderde von Menschen kommen täglich zu mir und betteln um dies oder jenes. Meistens erfülle ich ihre Bitten. Jedes Mal, wenn ich ihre Wünsche erfülle, realisiere ich, wie dumm ihre Wünsche sind. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, dass sie billige Wünsche haben. Bei solchen Gelegenheiten erfülle ich sie nicht. Es ist wirklich unglücklich, dass ich selbst nicht verstand, wie absurd es war, meine Hand auszustrecken und von jemandem etwas zu erbetteln. Heute, realisierte ich. dank deinem Segen, den Unterschied zwischen beten und betteln. Bitte komm aus deiner Verkleidung heraus und zeige mir deine wahre Form.

Kaninchen: Da bist du wieder und bettelst. Wenn eine normale Person seinen Mut zusammengenommen hätte, dir all das zu sagen, hätte der Kaiser in dir seinen hässlichen Kopf erhoben und hätte diese Person verbannt. Aber ich bin nur ein Kaninchen. So bist du neugierig und sogar fasziniert worden ? dass ich sprechen konnte und auch vernünftig spreche. Das liess dich aufsitzen und zuhören. Denkst du nicht, dass das, was gesagt wurde, wichtiger ist als wer es gesagt hat? Wenn Dattatreya, der ursprüngliche Lehrer es wünscht, kann selbst eine Ameise, ein Moskito, ein Baum oder ein Stein die Form eines Gurus annehmen. Möge der Herr Sein Mitgefühl über dich ausschütten! Möge dein Gebet sich in eine erhabene Tätigkeit verwandeln!!

 

Jaya Guru Datta

 

                                                                   Sri Swamiji

 

Im Bhakti Mala Februar 2009

 

 

Nach oben